3 – Annathal (Annín) / Glasbläserei

Das erste Hüttenwerk befand sich in dieser Lokalität bereits ab der Hälfte des 18. Jahrhunderts, dokumentiert wurde es 1755. Eine andere Glasbläserei wurde im Jahre 1796 von Augustin Müller, dem Bürgermeister Bergreichensteins, gegründet. Ursprünglich wollte er ein Glashütten-, Schärf-, Schneide- und Malerwerk auf dem Bauernhof in Vatìtice gründen. Diesen kaufte er im Jahre 1795 von Marie Anna von Storchenfeld ab. Eine Hüttenwerkgründung hätte aber der damaligen Waldordnung widersprochen, laut welcher die Glasbläsereien auf den Plätzen nicht genehmigt waren. Das wäre für den großen Verbrauch in der Glasbranche notwendig gewesen, um Holz hin und her zu fahren ,Aus dem Antrieb der Städte Sušice, Horažïovice und Strakonice, die an dem unteren Fluss Otava lagen und das Holz hingefahren wurde, wurde Müllers Antrag vom Kreisamt abgelehnt und das auch gegen seinen Protest, er baue kein neues Hüttenwerk, er erneuere nur das alte. Müller gab aber nicht auf und legte gegen das Urteil Revision ein. Das Kreisamt mit dem Gubernium genehmigte den Antrag nach einer neuen Projetbesprechung mit der Bedingung, dass man zum Hüttenwerkbetrieb kein Floßholz benutzen könne, sondern ausschließlich nur das Holz das auf dem eigenen Grundstück des Besitzers gefördet wurde. Die obengegannten Städte legten eine Berufung im darauf folgenden Jahr ein, doch diese wurde von der Gubernia abgelehnt. Es stand also der Wiedereröffnung des Hüttenwerks nichts mehr im Wege. Wie die Gubernia sagte, es wuchs hier ein Glashüttenwerk mit einem Ofen, zehn Pfannen, einem Kühlofen, Schärf-, Schneide-, Mal-, und Vergoldungswerk heran. Der ganze Komplex wurde nach seinem Gründer als Augustinova Hu benannt. Am Anfang arbeiteten im Hüttenwerk 24 Arbeiter. Es wurden hier Glasperlen, Wickelperlen und das Kristallglas hergestellt. Das Glas wurde direkt hier durch Gravierung, Vergoldung oder Malerei geschmückt. Im Jahre 1803 wurde in der Glasbläserei der Besitzer ausgewechselt – das Hüttenwerk mit dem anliegendem Bauernhof wurde vom Industriellen und Unternehmer Jakub Wimmer gekauft. Er schaffte den Ofen zur Perlenproduktion in seinem neu erworbenen Hüttenwerk ab. Acht Glasbäser, dessen Fokus auf der Herstellung von Perlen lag, mussten dann Provision fordern. Diese wurde den arbeitslosen Glasbläsern in der materiellen Not zur Verfügung gestellt. Die Glasbläserei wurde Jan Václav Fürlinger untervermietet. Unter seiner Leitung richtete sich die Glasbläserei auf das Hohl- und Grünglas aus. Ihr Name war Watietitzer Glasfabrique oder Wasserhütte. Nach Fürlinger, im Jahre 1808, vermietete der bekannte Glasmeister Paul Meyr (urspünglich arbeitete er in der Region von Zdíkov) das Hüttenwerk. Der Produktname wechselte zur Wimmerthaler Fabrique. Meyr war in eine Familie mit einer sehr langen Tradition, die nähmlich bis in das 16. Jahrhundert reichte, in Staré Hutì in der Region von Novohradsko, im Jahre 1778 als der zweitälteste Sohn von Josef Meyer (ebenfalls Glasbläser) geboren. Es gibt nicht so viele Quellen zur seinen Kindheit und Jugend, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass er das piaristische Gymnasium in Budweis gleichfalls wie sein jüngerer Bruder Ja besuchte und nachher an der Universität in Wien studierte. Irgendwann zwischen den Jahren 1794 und 1795 bekam er von seinem Vater die neu-erbaute Gläserei Bonaventura, welche sich auf die Herstellung von Hohlglas konzentrierte, das weiter im Heimathüttenwerk des Vaters Josef in Støíbrný Vrch verarbeitet wurde. Diese Tat ermöglichte der Familie die fertigen Produkte für einen deutlich höheren Preis zu verkaufen, als hätte es sich nur um Halbfabrikate, die weiter von einer anderen Firma verarbeitet wären, gehandelt. Die Meyers stellten vor allem Rokoko- und später klassizistisches Hohlglas her, das von Schliff, Gravuren, Vergoldung oder im Fall des weißen Opalglas der Bemalung geschmückt wurde. Später entschied er sich, nach dem westlichen Vorbild, vor allem des sehr populären englischen Glases, die Produkte weiter zu renovieren – sich vor allem auf die Diamantenschliffnutzung zur Benutzung an der neuen, glänzenden Glasmasse, die auf dem Markt 1804 erschien, zu konzentrieren.

Paul Meyr produzierte in dieser Glasbläserei ganz normale Gläser und Fensterplatten, aber auch außergewöhnliche Glasarten. Es wurde in dieser Glasbläserei (in der allerersten in Österreich-Ungarn) das rosa Glas mithilfe von Gold hergestellt. Die Produktionsvorgehensweise lernte er in Italien. Weiteres stellte es aus s. g. englischem Glas (Bleikristallglas) her. Eigentlich setzte er die Produktion der gleichenProduktenart fort, wie die Meyrs sie entwickelten Das Produktabsatzgebiet war zum Beispiel in Russland, Preußen oder Sachsen. Noch im Jahre 1811 prosperierte die Glasbläserei, so die Liste der Glasmeister, aber schon sechs Jahre später geriet sie in finanzielle Probleme und musste geschlossen werden. Pavel Meyr ging in die Glasbäserei in Vimperk und bat das Kreisamt, die Glasbläser (geschätzt arbeiteten im Hüttenwerk etwa sechzig Personen), die um ihre Arbeit gekommen sind, in einer anderen Glasbläserei zu beschäftigen. Der Glasbläsereibesitzer Hakub Wimmer starb im Jahre 1822 und ein Jahr später ist das Hüttenwerk zum Vermögensbestandteil des Grafs Ferdinand Pálffy geworden. Dieser verkaufte die Grundstücke im Jahre 1828 dem Grafen Antonín Pejaèevièov. Von diesem kaufte er die Grundstücke ein Jahr später wieder zurück. 1832 bekam Emanuel Müller, der Sohn von Augustin Müller, das Grundstück als sein Eigentum. Emanuel Müller benannte es nach seiner Frau Anna (geb. Tauschková) als Annathal (Annín). Am 27. November 1837 vermietete er das Hüttenwerk an Johann Lötz.

Die bedeutsamste Ära der Glasbläserei ist eben mit dem Unternehmen von Johann Lötz verbunden. In der Zeit wurde sie zur berühmtesten Böhmerwalder Glasbläsereigesellschaft, deren Produkte die tschechische Glasindustrie in ganz Europa berühmt machte. Johann Lötz war ein Bergreichensteiner Bürger und nach seiner Trauung, die ihm ein wesentliches Kapital einbrachte, er gründete im Jahre 1814 am Rande von Bergreichenstein eine Glaschleiferei. Er arbeitete so viel, dass er im Jahre 1823 eine Glasbäserei „Zlatá Studna“ (Goldener Trinkbrunnen) zur Untermiete leisten konnte. Drei Jahre später fing er mit dem Vertreter der Glasbläserei „Zlatá Studna“ Josef Schmid Senior und seinem Sohn Josef Schmid Junior an zu kooperieren und so enstand ein neues Unternehmen „Johann Lötz, Schmid & Sohn“. Nach dem Abgang von Josef Schid Senior im Jahre 1830 nach Bayern, änderte sich der Name zu „Lötz & Schmid“. Im Jahre 1836 mietete sich Johann Lötz die Glasbläserei in Annathal und vier Jahre später gründete er alleine die Firma „Johann Lötz“. Seine Firma wurde erstens dank der stilistischen Herstellung, welche genau in das s. g. zweite Rokoko passte, und zweitens dank dem farbigen Schichtenglas bekannt. Im Jahre 1844, ziemlich bald nach der Gründung der eigenen Firma verstarb er. Das Unternehmen wurde nachher unter der Leitung von seiner zweiten Frau Susanne unter dem Namen „Johann Lötz Witwe“ weitergeführt. Sie war viel jünger als Johann und nach seinem Tod musste sie sich allein um vier kleine Kinder kümmern. Gleichzeitig war es nicht mehr die Haupthüttenwerkmarke „Annathal“, da der Mietvertrag abgelaufen war, sondern Debrník bei Markt Einsenstein. Eine weitere Markenära hing nachher mit dem Hüttenwerk in Klášterský Mlýn zusammen. Dieses ist eines unserer weiteren Haltestellen des Pfades.

1850 erwarb Samuel Bloch aus Hartmanice die Glasbläserei von Anna Müller. Er stellt hier auf sechs Pfannen das Spiegelglas für jüdische Spiegel her. Seit 1863 betrieb Josef Schmid aus der alten Glas-herstellenden Familie aus Vogelsang die Glasbläserei und diese modernisierte er auch – er baute eine Schleiferei und baute die Ofen um. Dem Aufbau des neuen Hüttenwerks folgten neue Generatoren der Marke Siemens. Das Unternehmen fungierte unter dem Namen „Josef Eduard Schmid“, woran sich an der Herstellung auch sein Sohn Eduard beteiligte. Die Produkten der neuen Leitung etablierte sich bald auf dem europäischen Markt und auch auf den internationalen und industriellen Ausstellungen. Dessen Silber-, Alabaster- und Rosaglas gewann viele Anhänger. Das Qualitätskristallglas des Venedig-Stils wurde jedoch am berühmtesten. Die Karlsbader Kompottschüsseln, Weingläser oder Vasen gehörten inzwischen zu den Lieblingsstücken. Besonders schön war das Hohlglas mit plastischen Kläber zum Beispiel in der Blumen- oder Obstform. Das Absatzgebiet war hauptsächlich in England und Amerika. Die russische Zarenfamilie gehörte ebenfalls zu den Besitzern des Annathaler Glases.
Die Hüttenwerksentwicklung brachte auch die Notwendgkeit mit sich, die Unterkunftsbedingungen der Arbeiter zu verbessern. Die Siedlung in Annathal wuchs und im Jahre 1870 wurde hier für die Kinder der Glasbläser eine Schule errichtet. Schmid ließ neben den Arbeiterwohnungen ebenfalls eine neue Stahlbrücke ausbauen. Im Jahre 1897 gründete Schmid in Annathal ein Kraftwerk und so wurde die Siedlung technisch hochentwickelter als zum Beispiel in der weitaus größeren Stadt Sušice. Bereits im Jahre 1880 wurde hier eine lokale Telefonleitung eingerichtet, Schmid besorgte sich auch einen Phonographen. Es wurde in Annathal auch ein Hotel für die Besucher- und Touristen gegründet. Die ursprüngliche Papierfabrik wurde zur amerikanischen Mühle mit einer Bäckerei, wo man täglich mehr als 1200 Brotleibe backte, umgewandelt. Nach der Mühlenabschaffung wurden in dem Gebäude Streichhölzer hergestellt. Der Besitzer mit seiner Familie wohnte im Erdgeschoss der Villa gegenüber der Glasbläserei. Im Jahre 1910 starb er in Vogelsang und wurde in der Familiengruft in der Kapelle, die er 1886 über Annathal erbaut hatte, begraben. Im Jahre 1910 übernahm nach seinem Schwiegervater das Unternehmen František Novotný, der Ehemann der Tochter Anna von Eduard, der nach Annathal im Jahre 1882 als Buchkorrespondent kam. Das Hüttenwerk fing sich mit der neuen Führung vor allem auf die Herstellung von völlig geschliffenem Kristallglas an zu konzentrieren, was sie das ganze 20. Jahrhundert weiterproduzierten. Die neu-gegründete Schleiferei mit dem elektrischen Antrieb, den das ebenfalls neu-errichtete Kraftwerk mit Francis-Turbinen sicherte, vereinfachte die Herstellung. František Novotný fing kürzlich nach seinem Einstig in die Funktion des Blei-Kristall- und Buntglases an mit chemischem Polieren zu arbeiten. Das Annathaler Glas hatte in der Monarchie außerhalb ihrer Grenzen einen perfekten Ruf, was Auszeichnungen aus den industriellen und künstlerischen Ausstellungen beweisen. Herr Novotný ließ die Produktausstellung direkt in Annathal errichten.

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in Annathal etwa 200 Leute, mehr als 100 davon arbeiteten in der hiesigen Glasbläserei. Als der erste Weltkrieg ausbrach, ist das Leben in der Siedlung markant schwieriger geworden. Wegen den verpflichtenden Musterungen sank die Einwohnerzahl und damit auch die Mitarbeiterzahl in der Glasbläserei. Es kam zur Herstellungseinschränkung und das Absatzgebiet war nur noch der Inlandsmarkt. Nach dem Krieg kam es zur Handelserneuerung auf internationaler Ebene und die Annathaler Glasbläserei nahm wieder an den inländischen sowie an den internationalen Ausstellungen teil, wo sie sehr erfolgreich war.

Im Jahre 1933 übernahm Ing. Karel Schell aus Dlouhá Ves die Glasbläserei. Er setzte die Glasbläsereimodernisierung fort – wegen des Holzmangels in der Umgebung baute er ein Wasserkraftwerk aus und in der Glasbläserei führte er das Glasmassenauftauen mithilfe die Elektrizität nach seiner Idee ein. So ein technisches Verfahren verbesserte die Glasqualität – seine Sauberkeit, den Glanz und Lichtbruch. Schnell bekam er für diese Innovation mehrere Auszeichnungen, unter anderem eine Goldmedaille aus der Ausstellung in Brüssel im Jahre 1936 und das Diplom der Handels- und Gewerbekammer in Prag. Die Produkte fanden Absatz in England, Frankreich, in den USA und Australien. Es befand sich bei der Glasbläserei auch eine neue Glasmalerei-Werkstatt.

Der zweite Weltkrieg bedeutete für die Herstellung einen heftigen Sturz und es gelang der Glasbläserei nie wieder das Vorkriegsniveau zu erreichen. Nach 1945 wurde sie verstaatlicht und seit 1948 fungierte sie nur noch für die Glasschleiferei, da der elektrische Ofen entfernt wurde. Die Glasschleiferei war unter dem Staatsunternehmen „Böhmerwalder Glasbläsereien“ tätig, das später ein Teil vom Staatsunternehmen „Èeský køišal“ in Chlum bei Tøeboò und im Jahre 1965 vom „Sklárny Bohemia“ in Podìbrady war. Diese wurde im Jahre 1993 durch das Unternehmen „Antonín Rückl und Söhne“ privatisiert und zehn Jahre später kam es zu einer markanten Betriebsverkleinerung. Im 2012 wechselte sie den Besitzer. Dieser erneuerte die Schleifereiwerkstatt und errichtete zwischen den Jahren 2013 und 2015 ein privates Museum, das die Produkte der hiesigen Glasbläserei ausstellt. Seit Frühling 2015 fungiert das Unternehmen wieder als Glasbläserei – die Besucher können sich hier sogar ein eigenes Glasprodukt ausblasen. Ein Bestandteil des Areals ist neben dem Museum auch eine Galerie, wo die Interessenten die hiesigen Produkte kaufen können. Es finden hier auch Glassymposien statt.

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